Die tiefe Liebe zur Kunst, zum Handwerk und zu Materialien zieht sich durch Fredriks berufliches wie privates Leben. Als Innenarchitekt arbeitet er mit großer Detailgenauigkeit an seinen Projekten. Doch außerhalb des Büros überlässt er vieles dem Zufall. „Bei der Arbeit habe ich alles unter Kontrolle, aber sobald ich das Büro verlasse, lasse ich los. Man kann nicht jeden Aspekt des Lebens steuern – also lasse ich mich einfach treiben“, sagt er. „Vielleicht komme ich mal zu spät zu einem Abendessen, aber unterwegs sammle ich neue Eindrücke und Erfahrungen. Oslo steckt voller versteckter Ecken und unglaublicher Orte, die kaum jemand kennt. Ich kann nur empfehlen, Google Maps ab und zu einfach auszuschalten.“
Fredrik Bull
Fredrik Bull ist ein kreativer Allrounder: Innenarchitekt, Produktdesigner, Künstler - und doch lässt er sich in keine dieser Schubladen stecken. Diese Vielseitigkeit ist das Herzstück seiner Arbeit und ein klares Merkmal der neuen Generation von Gestalter*innen, die die norwegische Designszene prägen.
FOOTOS VON JOHANNE NYBORG
Am Anfang seiner Karriere absolvierte Fredrik ein Praktikum im Studio von Peter Opsvik. Es war eine prägende Zeit, in der er sich mit Ergonomie und Kunst auseinandersetzte, Pressespiegel durchforstete und an wöchentlichen Jazz-Sessions teilnahm. „Sowohl Peter Opsvik als auch Terje Ekstrøm stehen für eine bestimmte Ära des norwegischen Designs – eine Zeit, die unglaublich visionär, experimentell und ausdrucksstark war. Heute ist das nicht mehr in derselben Form präsent, aber vielleicht bewegen wir uns wieder in diese Richtung.“
"Sowohl Peter Opsvik als auch Terje Ekstrøm stehen für eine bestimmte Ära des norwegischen Designs – eine Zeit, die unglaublich visionär, experimentell und ausdrucksstark war. Heute ist das nicht mehr in derselben Form präsent, aber vielleicht bewegen wir uns wieder in diese Richtung."
Fredrik beobachtet einen Wandel in der norwegischen Designszene, der sich über die letzten zehn Jahre allmählich vollzogen hat. „Es ist eine aufregende Zeit. Kreative aus unterschiedlichen Disziplinen arbeiten enger zusammen, und die Grenzen zwischen den verschiedenen Handwerksbereichen sind weniger starr als früher. Es ist toll, ein Teil davon zu sein.“ Diese offene, interdisziplinäre Arbeitsweise passt perfekt zu Fredriks Ansatz. „Ich will alles. Ich bin sehr gierig. Ich sage zu allem Ja, was mir Spaß macht. Das ist aktuell mein kleiner Life-Hack.“ In Oslo schätzt er besonders das Gemeinschaftsgefühl. „Hier gibt es einen starken Zusammenhalt. Wir unterstützen uns gegenseitig und machen einander besser.“
Fredrik lebt mit seinem Ehemann, ebenfalls Fredrik, in der obersten Etage eines charmanten gelben Gebäudes in Bislett – einem Zuhause, das sie seit sechs Jahren ihr Eigen nennen. Schon beim ersten Besuch verliebten sie sich in den besonderen Boden der Wohnung, der dampfgebogen wurde, um der geschwungenen Wohnzimmerwand zu folgen. „Das muss eine echte Herausforderung gewesen sein, aber genau dieses Detail macht die Wohnung so einzigartig.
"Es ist eine aufregende Zeit. Kreative aus unterschiedlichen Disziplinen arbeiten enger zusammen, und die Grenzen zwischen den verschiedenen Handwerksbereichen sind weniger starr als früher. Es ist toll, ein Teil davon zu sei."
Der vorherige Besitzer ist für mich ein kleiner Held, weil er das umgesetzt hat.“ Abgesehen von ein paar kleinen Anpassungen haben sie den Raum weitgehend so belassen, wie er war – eine Hommage an die durchdachten Entscheidungen des Vorbesitzers. „Hier wurde an alles gedacht, von den Geräten bis zu den Details in der Küche. Dank der Investitionen in Qualität mussten wir nur minimale Veränderungen vornehmen. Wir sehen uns eher als Verwalter – wir kümmern uns um den Raum, bis es Zeit ist, ihn weiterzugeben. Unser Ziel ist es, ihn in bestmöglichem Zustand zu hinterlassen.“
Fredrik geht intuitiv an die Einrichtung seines Zuhauses. „Sowohl Fredrik als auch ich sehen unser Zuhause als einen lebendigen, sich ständig wandelnden Raum. Wir verändern ständig etwas, und es ist immer jemand bei uns zu Gast. Gemeinschaft und Zusammenhalt sind uns wichtig – und das spiegelt sich in unserem Zuhause wider.“
Beim Einrichten folgt er keinem festen Plan. „Wenn mich etwas anspricht, entscheide ich spontan. Mein Mann ist der ruhige Pol, der mich dazu bringt, Dinge zu überdenken. Aber wenn sich etwas wirklich richtig anfühlt, dann schlagen wir sofort zu.“ Für Fredrik bedeutet Sammeln nicht, in Wertanlagen zu investieren, sondern Kunsthandwerk und Kreativität zu besitzen. „Ich bewundere Menschen mit Fachwissen – sei es in der Kunst, im Handwerk oder in einem anderen Bereich. Es bedeutet mir viel, etwas zu besitzen, das von jemandem geschaffen wurde, den ich zutiefst respektiere. So habe ich immer ein kleines Stück ihrer Welt bei mir.“
Für Fredrik sieht ein perfekter Tag in Oslo nach einem Samstag aus – mit einem festen Ritual, das er niemals auslässt. „Ich wache auf, trinke meinen Kaffee im Bett, springe unter die Dusche und ziehe mich an. Dann laufe ich zum Theatercafé, bestelle ein Tartar und ein Glas Crémant. Ich sitze an der Bar, hinter der ein riesiger Spiegel hängt, und beobachte die Leute. Am liebsten gehe ich gegen 11 oder 12 Uhr, wenn die Gäste aus dem Hotel auschecken – dann herrscht eine wunderbare Dynamik aus Menschen, die kommen und gehen. Ich bringe einen Stapel Zeitungen mit, markiere die Artikel, die ich lesen will, und arbeite mich durch sie durch. Manchmal zeichne ich. Es ist eine Zeit, in der ich meine Gedanken sortiere – oft alleine, aber manchmal lade ich auch einen Freundin ein. Es ist ein Moment, den ich mir ganz bewusst für mich nehme.“
"Es bedeutet mir viel, etwas zu besitzen, das von jemandem geschaffen wurde, den ich zutiefst respektiere. So habe ich immer ein kleines Stück ihrer Welt bei mir."
Fredrik verbindet mit dem Ekstrem eine lange Geschichte. „Ich war schon immer ein Möbelfanatiker, und der Ekstrem ist ein Designstück, das ich bewundere, solange ich mich erinnern kann. Ich habe lange nach der perfekten Farbe gesucht und gehofft, ihn irgendwann gebraucht zu finden – leider ohne Erfolg. Also habe ich gewartet. Jetzt ist er endlich da, und ich bin überglücklich und stolz, ihn in unserem Zuhause zu haben. Es ist ein Stück norwegischen Designs, das ich wirklich bewundere.
Der Stuhl hat bereits seinen festen Platz in ihrem Zuhause gefunden. „Kinder klettern darauf herum, meine Schwestern lümmeln sich mit ihren Handys darauf. Er passt sich mühelos sowohl ruhigen, introvertierten Momenten als auch lebhaften, geselligen Situationen an. Es ist ein Stück, mit dem wir alt werden – etwas, das uns überdauern wird. Es fühlt sich an, als wäre dieser Stuhl endlich dort angekommen, wo er hingehört.“